Gemeinsam in der Ausbildung
Ausbildungshaus Iserlohn
Im Ausbildungshaus Iserlohn werden seit August 2020 bis zu ca. zwanzig junge Frauen und Männer, im Regelfall mit Status der Duldung bzw. Aufenthaltsgestattung, mit dem Ziel der Aufnahme und Absolvierung einer Ausbildung, sozialpädagogisch begleitet. Acht von ihnen leben in kleinen Wohngemeinschaften innerhalb einer Ausbildungsgemeinschaft, in einem neu renovierten und voll ausgestatteten Haus. Ca. elf weitere kommen als Externe hinzu. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projektes erfahren Empowerment durch gemeinsame Freizeitangebote, soziale Kompetenztrainings und Einzelcoaching.
Der Träger:
Der Verein Lebenswert Iserlohn e.V. hat sich 2015 als gemeinsamer Dachverband/ Träger von drei bestehender sozialen Initiativen, in der südlichen Innenstadt Iserlohns, einem Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf, gegründet. Lebenswert-Iserlohn e.V. verbindet, unterstützt und begleitet dabei besonders die Aktivitäten seiner drei operativen Arbeitsbereiche.
- Jugendbewegung Checkpoint: Einer offenen Freizeiteinrichtung und Standort zahlreicher Projekte mit dem Ziel der Integration, der Beteiligung und des Empowerments.
- Sozialzentrum Lichtblick: Einem Stadtteiltreff mit Begegnungscafé, Beratung, Essensausgabe und kostenloser Lernbegleitung für Schülerinnen und Schüler.
- Flüchtlingsnetzwerkes Iserlohn: Einem Netzwerk aus rund einhundert Paten mit Einzelfallbegleitung, Sprachkursen, Ausbildungs- und Rechtsberatung.
Zielgruppe
Das Projekt „Ausbildungshaus Iserlohn“ richtet sich vorwiegend an junge geduldete/gestattete Geflüchtete, sowie an jene mit Aufenthaltstitel als auch an Menschen ohne Migrationshintergrund. Wir nehmen damit die teilweise hohen Förderbedarfe unter jungen Menschen in den Blick und wollen sie dabei unterstützen, eine Ausbildungsreife erlangen und sichern. Dadurch soll der Weg des Ausbildungsberufes attraktiver für junge Menschen gestaltet und den aktuellen Entwicklungen von Wohnungsmangel, aufkommender Verschuldung und aufkeimender Frustration entgegengewirkt werden.
Bestandteile des Projektes
Das Ausbildungshaus bietet einen sicheren Ort zum Wohnen und zum Lernen für Auszubildende mit und ohne Unterstützungsbedarf.
In Kooperation mit einer gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft (IGW) nutzen wir eine passende und attraktive Immobilie im Stadtteil. Diese Immobilie liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem antragstellenden Verein, dem Jugendzentrum, dem Flüchtlingsnetzwerk und dem Sozialzentrum, sodass zahlreiche Synergien und weitreichende Unterstützung auch über den direkten Projektrahmen hinaus gewährleistet werden kann.
Pädagogische Begleitung
Die jungen Menschen unserer Zielgruppe verfügen oft über kein familiäres Netzwerk, das sie bei der Bewältigung von alltäglichen Aufgaben unterstützen kann. Dementsprechend hilft ihnen eine pädagogische Begleitung die Alltagsherausforderungen zu bewältigen, den Haushalt zu führen, pünktlich und zuverlässig in Betrieb und Schule zu erscheinen, realistische Lebensziele zu formulieren und auf dem Weg dorthin auch durchzuhalten.
Ausbildungs-Gemeinschaft
Im Rahmen der pädagogischen Begleitung hat es sich außerdem bewährt, die Teilnehmenden füreinander sichtbar zu machen und somit die Bildung einer Gemeinschaft und Freundschaft untereinander zu fördern. Diese Form der Gemeinschaft ist im Stande, sich gegenseitig bei der Bewältigung der anfallenden Lebensaufgaben zu unterstützten und zu tragen. Diese Form des Empowerments gewährleistet eine Unterstützung über die fachliche (von außen kommende) Begleitung hinaus und baut nebenbei die ggf. zuvor entstandene Vorurteile und Vorbehalte ab.
Netzwerkarbeit
Als Schnittstelle zwischen den Jugendlichen, die durch Checkpoint, Lichtblick und Flüchtlingsnetzwerk erreicht werden und den Arbeitgebern, konnten und können im Rahmen von Runden Tischen der Arbeit und kleinen, zielgruppengerechten Job- und Ausbildungsbörsen erfolgreiche Netzwerkveranstaltungen durchgeführt werden.
Bisherige Erfolge
Wir konnten in den zurückliegenden zwei Jahren viele unterschiedliche Erfahrungen mit diesem Pilotprojekt machen und sind nach der Abschlussreflexion Ende 2022 nun im Stande, die Projektlaufzeit als erfolgreich und zielführend zu bewerten. Viele junge Menschen konnten im Ausbildungshaus (oft sehr kurzfristig und unbürokratisch) eine gute und begleitete Unterkunft finden.
Erreichte Ziele Ende 2022:
- 48 junge Menschen mit Förderbedarf wurden ermittelt
- davon wurden 22 aufgrund der Zugehörigkeit zur Zielgruppe (bedingt durch bisherige Förderrichtlinien) gefördert
- die restlichen 26 Personen mit Förderbedarf wurden trotz fehlender Förderung durch die Unterstützung von LebensWERT e.V. begleitet
- 8 wurden in Ausbildungsverhältnisse vermittelt (davon bisher 3 abgeschlossene)
- 10 Personen wurden in (neue und bessere) Arbeitsverhältnisse vermittelt
- 6 Personen konnten erfolgreich Schulabschlüsse erlangen
- 17 Personen waren oder sind seit 2020 noch im Ausbildungshaus untergebracht
Mit Start des Ausbildungshauses im August 2020 wurde das Projekt von einer Fachkraft mit 75 %-Stellenanteil durchgeführt. Seit August 2022 wurde eine zweite 75 %-Stelle geschaffen, um den enormen Bedarf der Heranwachsenden gerecht zu werden. Allerdings endet die aktuelle Förderung dieser beiden Stellen am 30.06.2023. Optionen für eine weitergehende Förderung werden gesucht, da die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Projektes nach einer Laufzeit von über zwei Jahren belegt ist.
Zukünftige Ziele
Zukünftig wollen wir weiterhin mit zwei 75 %-Stellen das Projekt weiterführen und perspektivisch auf die nächste Ebene heben.
Dies erreichen wir wie folgt:
- In Partnerschaft mit der IGW kann ein weiteres Haus mit Einzelwohnungen (Vergleichbar mit Studentenwohnheimen), angemietet werden. Das wäre ein wichtiger Beitrag, um den dringenden Bedarf an günstigen und passenden Wohnraum zu decken und insbesondere junge Menschen mit Migrations- und/oder Fluchthintergrund oder aus anderen sozialen Risikolagen, einen Zugang zu einem adäquaten Wohnraum zu ermöglichen. Die Unterstützung im Wohnbereich und die sozialpädagogische Begleitung und Beratung verbessern die Perspektive eines erfolgreichen Ausbildungsabschlusses und die Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt erheblich.
- Angedacht ist des Weiteren eine Kooperation mit dem entstehenden Wissenscampus am Iserlohner Hauptbahnhof. Dieser bietet neben den Möglichkeiten für weitere Wohnplätze für zukünftige Auszubildende auch ein geplantes Real-Labor, Co-Working-Plätze, ein Innovationszentrum und attraktive Event-Gastronomie. Hier würden viele Schnittmengen mit anderen Projekten entstehen.
- Die Möglichkeit niederschwelliger Beratung und Begleitung für „externe“ junge Menschen anzubieten, die nicht im Ausbildungshaus wohnen, soll auf dem bisherigen hohem Niveau fortgeführt werden. Das hilft dabei, Probleme in den Bereichen Ausbildungs- und Arbeitsperspektive, Finanzen und Schulden, Behörden- und Recht, sowie sozialen oder traumatischen Belastungen frühzeitig zu erkennen und zu begleiten.
- Das Ausbildungshaus soll als Schnittstelle zwischen der offenen Jugendarbeit des Checkpoints, den sozialen Angeboten des Lichtblicks, der Beratung im Flüchtlingsnetzwerk auf der einen Seite und den Angeboten des Jobcenters, den Interessen der Arbeitgeber, sowie den Angeboten der Schulen und Ausbildungsträger auf der anderen Seite dienen. In dieser Schnittstelle sollen weitere Ausbildungsbörsen, Runde Tische der Arbeit und Netzwerkgespräche stattfinden.
- Bei erfolgreicher Finanzierung wird perspektivisch auf diese Weise nach und nach ein Ausbildungscampus in Iserlohn entstehen, der als flexible Stelle auf zahlreiche Schwierigkeiten der jungen Menschen reagieren kann, Anliegen miteinander verbindet, erfolgreiche Ausbildungsabschlüsse ermöglicht und der Region als Leuchtturmprojekt einen Attraktivitätsschub gibt, damit Auszubildende und Ausbildungsbetriebe eine Entscheidung für diesen Standort treffen.